"Patientenzeitungen gab
es schon viele in der Geschichte des Hegau-Jugendwerks", erinnert sich Dieter
Klarmann, Sozialpädagoge der ersten Stunde. "Sie kamen und gingen wie die Patienten,
die sich dafür engagierten". Konzipiert waren sie wie Schülerzeitungen.
Interessierte Schüler bilden eine Redaktion, verfassen Beiträge, entwerfen das Layout
und kümmern sich um Druck und Verteilung.
Im Hegau-Jugendwerk führte dies dazu, dass die Patientenzeitung jeweils mit der
Entlassung des Patienten verschwand, der sie ins Leben gerufen hatte. Zudem gerieten die
Zeitungen auch inhaltlich zu "One-Man-Shows" unter dem Tenor: "Mein
Unfall". Dies war auch einleuchtend, fehlte doch bei kürzer werdenden
Reha-Aufenthalten und ständigem Wechsel die Möglichkeit zum Aufbau tragfähiger
Strukturen und eingespielter Teams.
KrankenhausschullehrerInnen, Sozialpädagoginnen und Berufstherapeuten reagierten 1996 auf
diese Beobachtung mit der Gründung der PATZ. Die logistischen Strukturen der neuen
Patientenzeitung sollten von einem interdisziplinären Mitarbeiterteam bereitgestellt
werden, der Kontinuität wegen. Die Beiträge sollten von den Patienten in Schule,
Therapie und Freizeit verfasst und eingereicht werden. Jede Art von Beitrag sollte
möglich sein, von einfachen Berichten über Bilder bis hin zu Sprüchen oder guten,
anderswo gefundenen Beiträgen. Auch sollten die therapeutischen Bereiche die PATZ nutzen
können als Forum für Bekanntmachungen, seien es Infos über das Internet-Cafe oder die
nächste Disko im Freizeithaus. Jeder Beitrag wurde gleich wichtig genommen. Wenn ein
stark eingeschränkter Patient nur wenige Worte über einen Ausflug nach Zürich
beisteuerte, so war dies genauso wertvoll wie eine zweiseitige Erörterung über die
Strukturen des Universums.
Da die PATZ sich als ideales Medium zur Präsentation von schulischen/therapeutischen
Arbeiten herausstellte, wurde sie auch als Motivationshilfe immer wichtiger. Sich für die
Ablage im Deutschheft abzumühen ist eben doch wesentlich weniger motivierend als sich
für die Veröffentlichung in der PATZ anzustrengen. LehrerInnen und Sozialpädagogen
erleben immer wieder wahre Wunder, wenn sie sehen, was in einem Patient an
Leistungsbereitschaft und -vermögen schon verfügbar ist, wenn die Motivation stimmt. Ein
positives Feedback der Leserschaft stärkt zudem ungemein ein möglicherweise durch die
Unfallfolgen beschädigtes Selbstwertgefühl.
Inzwischen gibt es die PATZ schon fast fünf Jahre. Sie erscheint viermal im Jahr. Neben
therapeutischem Motivationsinstrument ist sie ein Kaleidoskop der unterschiedlichsten
Themen und Stimmungen geworden und man erkennt, dass im Hegau-Jugendwerk eben auch das
ganz normale Leben der Jugend von heute stattfindet. Der Aufsichtsratsvorsitzende des
Hegau-Jugendwerk GmbH Dr. Heinz Muschel, seit Jahren aufmerksamer PATZ-Leser, schrieb
jüngst an die Redaktion der PATZ: "... Es gefällt mir sehr gut, wie jede
Rehabilitandin und jeder Rehabilitand darin zu Wort kommen kann, ganz nach Lust und Laune.
Dem oder der einen ist es, weil gerade verliebt oder verlassen, danach zu Mute, über die
Gefühle zu schreiben, die ihn beseelen. Andere geben ihren Mitbewohnern - aus leidvoller
Erfahrung - gute Ratschläge: Nie Alkohol am Steuer - oder sie schreiben über ihre sich
wandelnden Eindrücke vom Jugendwerk während des Reha-Aufenthaltes. Auch Erfahrungen nach
der Rückkehr aus der Reha ins Alltagsleben kommen rüber, um nur einiges zu nennen. Bei
allem, was ich lese, spüre ich, dass die Schreibenden mit dem Herzen dabei sind. Darüber
freue ich mich besonders. ..."
Und noch eine Stück Pionierarbeit hat sich die PATZ vorgenommen. Sie will möglichst
lange den Kontakt zu ehemaligen RehabilitandInnen halten. Daher kann die PATZ von diesen
wie von Mitarbeitern abonniert werden (4 Ausgaben + Versand für 10 DM - ein wahrhaft
symbolischer Preis!). Wir halten es für wichtig, die Lebenssituation nach der Entlassung
aus der Sicht gleichaltriger Betroffener zu thematisieren. Bei dem Versuch, einen
gangbaren Weg in eine neue Zukunft zu finden, können die Erfahrungen der schon
Losgegangenen nur hilfreich sein. Auch lassen sich so leichter Kontakte über den
Reha-Aufenthalt hinaus knüpfen und vielleicht ist die PATZ einmal das Organ
der jugendlichen Schädelhirnverletzten in Deutschland. Wer aber kann das jetzt schon
wissen.
Sind Sie neugierig geworden oder haben Fragen ?: patz@hegau-jugendwerk.de
Jörg Rinninsland, Wilhelm-Bläsig-Schule im
Hegau-Jugendwerk