Jörg Rinninsland:
Kunst und Rehabilitation
(Folgender Artikel ist 1998 in der Schriftenreihe Jugendwerk als Band 2 erschienen)
1. Kunst in der Krankenhausschule 2. Kunsttherapie 3. Standortbestimmung 3.1. Abgrenzungen 4. Didaktisch/ methodische Überlegungen zum Kunstangebot 4.1. Die Rolle des Lehrers 5. Präsentationen 5.1. Das positive Selbstkonzept 6. Zwei Zitate als abschließende Notiz
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Dieser Aufsatz soll meine Erfahrungen der letzten Jahre aus dem
Kunstangebot der Krankenhausschule des Jugendwerk Gailingen zusammenfassen. Im ersten,
konzeptionellen Teil versuche ich die Wege, Möglichkeiten und Ziele dieses
Unterrichtsangebotes darzustellen und gegen Konzepte der Kunsttherapie abzugrenzen. Im
praktischen Teil gebe ich meine Erfahrungen mit einzelnen Methoden und Techniken
gestalterischer Arbeit mit Rehabilitanden wieder. Ich versuche dort möglichst detailliert
darzustellen, was sich bei uns bewährt hat und wie auch mit bescheidenen Mitteln
sinnvolle Arbeit gelingen kann. Daher ist dies vor allem auch ein Aufsatz, mit dem ich Mut
machen möchte. Es soll deutlich werden, dass man weder eine besondere Ausbildung im Fach Kunst
noch hohe künstlerische Begabung einbringen muss, um mit Rehabilitanden sinnvoll die
Möglichkeiten der Kunst in der Rehabilitation zu nutzen.
Ich möchte an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen, dass es mir nicht leicht viel, alle
Rehabilitandinnen, Lehrerinnen, Ärztinnen und viele mehr in den sprachlichen Formeln
nicht explizit zu erwähnen. Sie sind natürlich jeweils auch angesprochen oder gemeint.
Bei der Abwägung des Für und Wider entschied ich mich jedoch für eine klarere, weil
straffere sprachliche Darstellung - dies natürlich um den Preis dieser Unhöflichkeit.
Ich bitte alle Betroffenen um Nachsicht.
1. Kunst in der Krankenhausschule
Bei der Rehabilitation von schädelhirnverletzten Kindern, Jugendlichen
und jungen Erwachsenen spielt die Schule eine wichtige Rolle. Viele der Rehabilitanden
waren vor den traumatischen Ereignissen Schüler und verbinden eine erfolgreiche
Rehabilitation - auch im eigentlichen Sinne des Wortes - mit ihrer Rückkehr in die alte
Schule.
Die Krankenhausschule des Jugendwerk Gailingen mit einem Kollegium von mehr als 30
Lehrkräften versucht mit einem hoch differenzierten Unterrichtsangebot, möglichst für
jeden Rehabilitanden eine für ihn optimale Form der schulischen Förderung zu finden. Das
Spektrum der äußeren Differenzierungen reicht von lebenspraktischem Unterricht mit
geistig Behinderten und Einzelförderungen bis hin zum lehrplanorientierten
Klassenunterricht in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Englisch. Schulische
Förderung ist jedoch nur ein Aspekt in der Rehabilitation von hirnverletzten Kindern und
Jugendlichen. So wird in interdisziplinären Teams immer wieder die optimale Abstimmung
der einzelnen therapeutischen Bereiche für den jeweiligen Rehabilitanden gesucht.
Schulische Förderung sucht hier ihren Platz jedes Mal neu neben Krankengymnastik,
Ergotherapie, Logopädie, aber auch Psychologie, Berufstherapie, Sport und verschiedenen
Belastungs- bzw. Arbeitserprobungen.
Als Ergänzungsangebot hat sich im Fächerkanon der Krankenhausschule seit vielen Jahren
das Fach Kunst neben dem lehrplanorientierteren Kunstunterricht in den Grund- und
Hauptschulgruppen etabliert. In zwei kleinen, nicht spezifisch als Kunstwerkstätten
ausgestatteten Räumen werden von zwei Lehrern wöchentlich 22 Unterrichtsstunden
"Kunst" angeboten. Die hier teilnehmenden Rehabilitanden werden zumeist in
Kleingruppen von zwei bis drei Personen betreut. Auf das vorhandene Altersspektrum vom
Grundschulkind bis hin zum jungen Erwachsenen wird bei der Zusammenstellung der
Kleingruppen Rücksicht genommen. Der größte Teil der teilnehmenden Rehabilitanden
besucht den Kunstunterricht ein- bis zweimal wöchentlich für eine Schulstunde. Nur
ausnahmsweise erhalten Rehabilitanden mehr als 4 Wochenstunden Kunst.
Es erscheint mir sinnvoll, zunächst kurz darzustellen, welche Inhalte
in der Fachdiskussion unter Kunsttherapie verstanden werden. Erst vor diesem Hintergrund
kann eine klare Einordnung der schulischen Arbeit im Unterrichtsangebot "Kunst"
gelingen.
Die Kunsttherapie ist eine noch wenig etablierte Therapieform. Vielfältige Ansätze und
Einsatzgebiete sind im Entstehen. Grundsätzlich ist die Kunsttherapie "der Versuch,
mit bildnerischen Mitteln Zugang zur individuellen Geschichte der Patienten zu finden, mit
dem Ziel, Konflikte aufzudecken, sie sichtbar und so einer bewussten Bearbeitung
zugänglich zu machen" (Thomas 1996, 17). Die Kunsttherapie hat ihre Wurzeln in der
Psychotherapie und hier vor allem in der Behandlung depressiver und schizophrener
Patienten. In den letzten Jahren kamen Patienten in seelischen Ausnahmesituationen hinzu,
zu denen man durchaus auch Patienten in der Rehabilitation nach erworbenen Hirnschäden
zählen kann.
Obwohl sich immer wieder sehr eindrucksvolle Erfolge in der v.a. psychiatrischen
Behandlung von ganz verschiedenen seelischen Störungsbildern belegen lassen, ist die
Kunsttherapie in ihren Wirkungsweisen noch wenig erforscht und theoretisch kaum fundiert.
Die fachliche Diskussion bemüht sich nach Schuster (1993) zu wenig um Integration der
einzelnen Beobachtungen und Ergebnisse in Sinne eines allgemeineren Konzepts. Ansätze
ergeben sich aus den verschiedensten Denkschulen der Psychologie und Psychiatrie und es
scheint nach Kraus (1996, 9) im Moment noch fast so viele Kunsttherapien zu geben wie es
Kunsttherapeuten gibt.
Um eine ungefähre Vorstellung der Arbeit von Kunsttherapeuten zu gewinnen, seien hier -
gewissermaßen exemplarisch - einige Aspekte der vielen Methoden genauer dargestellt. In
der Tradition der Psychoanalyse steht zum Beispiel die Nutzbarmachung von unbewussten
Inhalten wie Träumen, um an die Wurzeln von Ängsten, Psychosen oder Neurosen zu
gelangen. Dies in der Hoffnung, sie positiv zu beeinflussen. Während der Traum die
Hauptstraße zum Unbewussten ist, scheint die bildnerische Gestaltung eine benutzbare
Nebenstraße zu sein, die auch noch einige Vorzüge aufweist: Der Therapeut kann z.B. in
die bildhaften Prozesse eingreifen, und die bildnerischen Produkte stehen dauerhaft zur
Verfügung (Schuster 1993). Wichtig für das Entstehen von aussagekräftigeren Zeichnungen
ist eine sehr entspannte Atmosphäre, in der so etwas wie Tagträume entstehen können.
Diese bildnerischen Inhalte sollten ohne große Kontrolle durch rationale
Bewusstseinsinstanzen gewissermaßen aus dem Bauch direkt durch die Hand auf das Papier
fließen und nicht erst durch eine Umleitung durch den Kopf gefiltert und korrigiert
werden. Bildhafte Speicherungen können direkt und in nonverbaler Form mitgeteilt werden.
Das entstandene Material kann dann Aufhänger für Gespräche zwischen Therapeut und
Klient sein, in denen der Therapeut vorsichtige Deutungen anbietet. Kunsttherapie besteht
in den meisten Fällen in einem Wechsel von bildnerischer Gestaltung und verbaler
bewusster Verarbeitung, so Schuster. Sinnvoll erscheint der nichtdirektive Umgang mit den
bildnerischen Gestaltungen, bei dem sich der Therapeut darauf beschränkt, den
Gestaltungsvorgang einfühlend zu kommentieren. "Ein Teil des Misstrauens, das der
psychoanalytischen Theorie und Therapie entgegengebracht wird, resultiert aus vorschnellen
Deutungen nach relativ starren Mustern" (Schuster 1993, 28). "Die nichtdirektive
Aufnahme von Emotionen während der Gestaltung und Äußerungen zu den Gestaltungen sind
sicher besonders bei Kindern und Jugendlichen angezeigt, die eine fortlaufende verbale
Interaktion - wie die Gesprächstherapie es fordert - nur unter Schwierigkeiten
aufrechterhalten können. Gerade die nicht lenkende Aufmerksamkeit und das Interesse des
Erwachsenen während der Gestaltung sind geeignet, ein Vertrauensverhältnis zwischen
Therapeut und Klient entstehen zu lassen. Erst in diesem Vertrauensverhältnis wird das
Kind oder der jugendliche Klient zu den Inhalten gelangen, die für es oder ihn
problematisch und angstbesetzt sind" (Schuster 1993, 56).
Als Ausgangspunkt für das therapeutisch genutzte bildnerische Gestalten eignen sich vor
allem thematische Vorgaben, die eine besondere symbolische Vielfalt möglich machen. So
sind Themen wie Male eine Wiese, einen Bachlauf, oder ein
Haus durch ihre offene Aufgabenstellung und die vielen Variablen oft sinnvoll. Der
Gestaltende ist beim Darstellen z.B. eines Hauses ständig gezwungen,
Gestaltungsentscheidungen zu treffen, die meist unbewusst ablaufen. Welche Größe haben
die Fenster, welche Farben kommen zum Einsatz, in welchen Proportionen stehen die Dinge
zueinander, wie ist die Raumaufteilung auf dem Blatt, welche Details werden dargestellt,
welche nicht, welches Wetter herrscht und vieles mehr muss entschieden sein, um gemalt
werden zu können. Hier bieten sich Anlässe für erste Gespräche. Stehen
Rollenkonflikte, Beziehungsprobleme oder Verhaltensauffälligkeiten im Mittelpunkt des
therapeutischen Interesses, so kann es aufschlussreich sein, die eigene Familie in der
Gestalt verschiedener Tiere darzustellen oder einfach auch nur im Sinne eines
Gruppenbildes zu porträtieren.
In Ermangelung einer grundlegenden Theorie stellt Schuster (1993, 165ff) empirisch
gewonnene Wirkungsannahmen der Kunsttherapie zusammen, die seiner Meinung nach im
Einzelnen noch zu prüfen wären.
Quester/Lippert-Grüner (1996) berichten von den Untersuchungen einer
Arbeitsgruppe am neurochirurgischen Rehabilitationszentrum der Universität Köln.
Geprüft wird dort, "ob die Einbeziehung der Kunsttherapie bereits in die
akutstationäre Versorgung im Sinne einer Krisenintervention einsetzbar ist. Während des
gesamten Rehabilitationsprozesses von Hirngeschädigten soll gleichzeitig untersucht
werden, ob kreative Gestaltungsmöglichkeiten einen positiven Einfluss auf die
persönliche Entwicklung in der Krankheit haben". Die Kunsttherapie erwies sich nach
von Quester/Lippert-Grüner gemachten Verlaufsbeobachtungen "als sinnvolle Ergänzung
der rehabilitativen Behandlung, die die Patienten häufig mit ihrer eigenen
Unselbständigkeit konfrontiert. Die Therapie bot eine Selbsterfahrungsmöglichkeit in der
Auseinandersetzung mit eigenen Ideen, Phantasien und Gefühlen wie Ängsten und
Hoffnungen" (Quester/Lippert-Grüner 1996, 1f). Die Heilpädagogin B. Wichelhaus
bestätigt die ärztlichen Erfahrungen und ergänzt, dass die durch die ästhetischen
Prozesse ausgelösten sinnlichen Empfindungen entscheidend zur Restitution eines
ganzheitlichen Körperbildes beitragen können, das wesentlich für das psychische
Gleichgewicht, den psychischen Halt eines Patienten ist, insbesondere dann, wenn er sich
mit den körperlichen und geistigen Schädigungen seiner Krankheit konfrontiert sieht
(Wichelhaus 1996, 12).
"Kunst wirkt, auch therapeutisch" merkt der Psychiater Norbert-Ullrich Neumann
an (1996, 163) und verweist auf eine regelmäßige Überschätzung der Bedeutung von
Sprache, Worten und Begriffen für Kommunikation, Erleben und innere Ordnung. "Nur
etwa zehn Prozent dessen, was im Gehirn vor sich geht, läuft auf der Begriffsebene, in
sogenannten verbalen Prozessen. Was die Menschen wirklich bewegt, sie handeln und
entscheiden läßt, das sind vor allem Empfindungen, Gefühle, Bilder. ... Das innere
Bild, ebenso wie das sichtbare, steht der Ursprünglichkeit des Gefühls viel näher als
das Wort. Das Wort kann wahr oder falsch sein. Das erlebte Gefühl - im Unterschied zum
gezeigten, das gespielt sein kann - ist immer wahr, und es ist mächtig, mächtiger als
das Wort. Darum ist das Bild - auch als therapeutisches Mittel - so wichtig, weil es dem
Gefühl so nahe steht" (Neumann 1996, 164).
Das im formalen Rahmen der Einzelförderung organisierte Kunstangebot der Krankenhausschule legt die Annahme nahe, dass hier Kunsttherapie angeboten werde, da ja in jedem Fall künstlerisch mit den Rehabilitanden gearbeitet wird und v.a. in der Einzelförderung der Krankenhausschule sonderpädagogische und therapeutische Merkmale kaum noch zu trennen sind. Eine differenziertere Betrachtung ist also wichtig.
Eines ist klar: Die Schule, auch die Krankenhausschule des Jugendwerk
Gailingen ist kaum in der Lage, in eigentlichen Sinne psychotherapeutisch mit den
Rehabilitanden (z.B. im Sinne einer Kunsttherapie) zu arbeiten. Psychotherapeutisch
verstandene Kunsttherapie muss aus ihrer Natur heraus Probleme und Widerstände suchen,
sie vorsichtig thematisieren und letztlich überwinden. Dies ist zur
Krankheitsverarbeitung natürlich sinnvoll, aber nur dann, wenn therapeutisch in
ausreichendem Maß die emotionale Lawine auch aufgefangen werden kann, die u.U. damit ins
Rutschen gekommen ist. Möglichst tägliche Termine in Einzelbetreuungen sind hier neben
hoher psychotherapeutischer Kompetenz unerlässlich. Den Lehrern, auch den
Sonderschullehrern fehlen hierzu neben den dazu notwendigen Qualifikationen vor allem die
geeigneten Rahmenbedingungen.
Dies bedeutet jedoch nicht, das psychotherapeutisch motivierte Kunsttherapie im Rahmen der
gesamten Rehabilitation von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit erworbenen
Hirnschäden nicht sinnvoll sein kann. "Durch den plötzlichen Verlust ihrer
gewohnten Normalität stellen sich den Betroffenen Fragen nach dem Sinn und Zweck des
Seins und den weiteren Zukunftsperspektiven" (Lippert-Grüner/Quester 1996, 4).
Kinder und Jugendliche haben nach schwereren erworbenen Hirnschäden in besonderem Maße
mit Krisen ihres Selbstkonzeptes zu kämpfen, hatte sich doch - je nach Alter - das
eigentliche, das prätraumatische Selbstkonzept selbst noch gar nicht voll und tragfähig
etabliert. In Zeiten der Pubertät gerade auf der Suche, welche Rolle mit welchen
Fähigkeiten man Willens und in der Lage ist, in der Gesellschaft zu spielen, zerstört
ein Unfall in Augenblicken jede schon vorhandene Ordnung der Motive. Es ist nur zu
verständlich, dass auch offensichtliche Schwierigkeiten, Ungereimtheiten zwischen Wollen
und Wirklichkeit, zwischen alten Zukunftsplänen und neuen Zukunftsmöglichkeiten oft von
den Rehabilitanden tabuisiert bzw. ins Unbewusste "ausgelagert" und nicht
wahrgenommen werden. Ergebnis dieser Lebens- und Erlebenssituation ist zunächst die
allgemeine Abwehr von Leistungsanforderungen, unmotiviertes Teilnehmen an Therapien und
Unterricht, Opposition bis hin zu destruktivem Verhalten und offener Provokation. Hier
könnte ein Kunsttherapeut wertvolle Dienste bei den Bemühungen um einen gelungenen Start
der Rehabilitanden in ein doch in verschiedenen Bereichen möglicherweise deutlich
verändertes Leben leisten. Wie die seit einiger Zeit im Jugendwerk Gailingen für den
Bereich der Frührehabilitation etablierte Musiktherapie könnte die Kunsttherapie eher im
späteren Verlauf der Rehabilitation sinnvoll sein. Dies vor allem in einer Phase der
Rehabilitation, in der der Rehabilitand mit konkreten Plänen für sein berufliches und
auch alltägliches Leben nach Abschluss aller Rehabilitationsbemühungen konfrontiert wird
und aufgefordert ist, diese zu akzeptieren. Dieser Weg zurück in einen neuen Alltag,
"aus dem vielfach mit Ängsten und Unsicherheiten erfüllten Dasein in der
Erkrankung, erfordert von den Betroffenen sehr viel Kraft, Willensstärke und Bereitschaft
zur Veränderung. Mit der Genesung weitet sich der Blick auf das Selbst und die Umwelt.
Bilder werden so zu einer Chance, um eine neue Art des Austausches mit sich und der Umwelt
zu erreichen" (Lippert-Grüner/Quester 1996, 11).
Die Krankenhausschule kann diese sinnvolle Arbeit einer Kunsttherapie kaum leisten.
Dennoch gibt es Aspekte in den kunsttherapeutischen Ansätzen, in denen sich das
Kunstangebot der Krankenhausschule des Jugendwerk Gailingen wiederfindet. Es wird
deutlich, dass mit dem Kunstangebot der Krankenhausschule eine Synthese von
Kunstunterricht im schulischen Sinn und einer auch psychotherapeutisch motivierten
Kunsttherapie versucht wird.
Durch das Arbeiten unter ähnlichen Bedingungen mit gleichen Mitteln und mit oft vergleichbaren Klienten kommt es fast zwangsläufig zu starken Verwandtschaften in den Konzeptionen. An einigen zentralen Punkten möchte ich hier darstellen, an welchen Stellen sich das Kunstangebot der Krankenhausschule und Konzepte der Kunsttherapie berühren, sich gegenseitig stützen und sogar weiterhelfen.
3.2.1. Der Kunstbegriff
Wenn das Wort Kunst im Titel des Angebots erscheint, dann scheint es
von zentraler Bedeutung zu sein. Aber über Kunst läßt sich trefflich streiten und so
ist es zunächst wichtig, sich über den gemeinten Kunstbegriff einig zu sein.
Der Kunstbegriff ist subjektiv. "Die Reaktion von Menschen auf Kunstwerke sind
individuell verschieden. Die Bewertung erfolgt gewöhnlich auf der Grundlage
biographischer Erfahrungen und kulturell vermittelter Wissensstrukturen. ... Der
Kunstbegriff ist natürlich erlernt, wahrscheinlich von den Eltern, und hat also selbst
ein gewisses Alter. Seine Wurzeln dürfen wir in den verschiedenen Kunstdefinitionen der
vergangenen Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte suchen, denn die Eltern haben ihren
Kunstbegriff von den Großeltern übernommen usw. Nur solche Menschen, die sich speziell
mit Kunst und besonders mit zeitgenössischer Kunst beschäftigen, kommen in den Kontakt
mit dem - oft auch nur implizit formulierten - Kunstbegriff der Gegenwart." (Schuster
1997, 14).
Der Kunstbegriff früherer Jahrhunderte, der Kunst in enge Beziehung mit handwerklicher
Geschicklichkeit und edlen, positiv wirkenden und gegenständlich naturalistisch
dargestellten Inhalten setzte, ist heute noch allgegenwärtig. Kunst kommt von Können, so
heißt es oft und soll sagen, dass ohne Begabung kombiniert mit handwerklichem
Sachverstand nichts so recht Kunst sein kann. Anders gesagt bedeutet diese Haltung, dass
ein Bild ja keine Kunst sein kann, wenn man als Durchschnittsmensch es auch hätte malen
können. Als Beispiel seien hier die monochromen blauen Tafeln wie "IKB 3" von
Yves Klein aus den frühen 60er-Jahren genannt. "Das kann doch jeder !" wird vor
nicht akzeptierten Kunstwerken oft gesagt als Beweis dafür, dass es keine Kunst sei.
Auch Rehabilitanden besuchen das Kunstangebot der Krankenhausschule zunächst oft in der
Haltung, das Kunst schön und gekonnt sein muss. Einfach nur so ein Bild malen sei keine
Kunst. Die Kunsttherapie begegnet diesem unangenehmen, weil blockierenden Leistungsdruck
vor allem dadurch, dass sie den Patienten gegenüber immer wieder darauf hinweist, dass
weniger das fertige Bild zählt als vielmehr der Entstehungsprozess, das bildnerische
Gestalten. Ein weiterer, von Schuster (1993, 159) erwähnter Aspekt ist jedoch in der
Krankenhausschule viel wertvoller: "Die Anerkennung der abstrakten Malerei
ermöglicht es auch dem Hobbymaler ohne technische Fertigkeiten, schöne und akzeptierte
Gestaltungen zu erreichen. Insofern hat die Entwicklung der modernen Kunst erst die
Möglichkeiten einer breiteren Hobbymalerei ermöglicht." Das
"therapeutische" Malen nutzt hier Sichtweisen der modernen Kunst, aber auch
umgekehrt nahm die moderne Kunst auf "therapeutische" Kunstwerke Bezug. Auf die
Wechselwirkungen zwischen der modernen Kunst und Der Bildnerei von
Geisteskranken (so der Titel eines 1922 veröffentlichten Buch von Hans Prinzhorn)
weist Thomas (1996, 16f) hin. "Für Paul Klee, Max Ernst, André Breton, Alfred Kubin
und vor allem für den Franzosen Jean Dubuffet wurde die Sammlung Prinzhorns, die
Einblicke in die Prozesse unmittelbarer Kreativität ermöglichte, zu einem Vorbild für
das eigene künstlerische Schaffen. Für Dubuffet sollte Kunst ohne Vorbildung, aus der
spontanen Arbeit mit dem Material heraus entstehen. Seine Konzeption von "art
brut" veränderte die Kunst seit dem Ende der vierziger Jahre durchgreifend."
Auch der erweiterte Kunstbegriff von Joseph Beuys ist hier letztlich hilfreich. Er stärkt
zusätzlich den Rücken von gestaltenden Laien, oder besser gesagt, von
nicht-professionellen Künstlern. "Wenn Beuys sagt, dass jeder Mensch ein Künstler
sei, dann meint er damit nicht, jeder Mensch sei ein Maler oder ein Bildhauer. Er meint
vielmehr, dass jeder Mensch kreative Fähigkeiten besitze, die anerkannt und ausgebildet
werden müssen" (Stachelhaus 1987, 79).
Die Ansätze der Kunsttherapie und das Kunstangebot der Krankenhausschule beziehen sich
auf den gleichen Kunstbegriff. Es geht da wie dort nicht um die hehre Kunst, die in Museen
hängt und den Hauch von Luxus und Genialität hat, es geht um den Künstler in uns allen,
der einfach nur gestaltet, gerade so wie er kann und es für richtig hält. Übersetzt in
den Alltag der Schule bedeutet dies: "Du bist der Künstler, deine Entscheidung gilt.
Ich als Lehrer kann dir allenfalls Tipps geben oder Tricks verraten. Was du nutzen willst,
ist dir überlassen."
Das Schaffen einer entspannten Atmosphäre ist wie in der Kunsttherapie
auch im Kunstangebot ein wichtiger Faktor. In der Krankenhausschule geht es neben der
Nutzbarmachung verborgener kreativer Kräfte auch darum, die Klischees von Schulunterricht
zu durchbrechen, die mit Leistungsorientierung, Bewertungsdruck und Lehrplanorientierung
der Wege und Ziele umschrieben werden können.
Ich bin der Künstler, meine Entscheidung gilt! Dies ist eine Erfahrung, die für einen
Schüler nicht so selbstverständlich ist. Auch ein Rehabilitand lernt schnell, dass die
Therapeuten ihm dabei helfen, seine Defizite abzubauen. Sie korrigieren die Fußstellung,
die Körperhaltung, sie korrigieren Fehler in der Bedienung von Werkzeugmaschinen genauso
wie Fehler bei der Artikulation bestimmter Laute. In der Schule gibt es oft auch nur zwei
Möglichkeiten, nämlich die Richtige und die Falsche. Und der Lehrer entscheidet, was
richtig ist.
Es wird von vielen Rehabilitanden als fast befreiend erlebt, dass sie im Kunstangebot
nicht wie in großen Teilen des Rehabilitationsalltags verbessert werden. Sie können
etwas wagen, ohne Misserfolge in der Gestalt falscher Lösungen zu riskieren. In ihrer
Kunst soll alles möglich sein, wenn sie es nur wollen. Dies entspannt die Einstellungen
und damit die Atmosphäre spürbar.
Ein weiterer Aspekt ist die entspannende Wirkung von Musik während des Kunstangebots. So
läuft immer dann Musik leise im Hintergrund, wenn alle Anwesenden einverstanden sind und
keine Gegenindikationen wie z.B. die Reizoffenheit einzelner Rehabilitanden vorhanden
sind. Auch sind Rehabilitanden aufgefordert, eigene Musik in Form von Kassetten oder CDs
mitzubringen, die unter den gleichen Bedingungen gespielt werden können. Vor allem diese
Möglichkeit verhilft vielen Rehabilitanden zu einem fast behaglichen Gefühl des
Zuhause-Seins im Unterricht. Ein ganz persönlicher Akzent prägt die gesamte Stimmung im
Raum. Auch eignet sich die Musikbegleitung dazu, gedankenversunken in der Gestaltung der
Arbeiten zu sein und so durch die Nutzung unmittelbarer Kreativität eher zu ganz
unerwarteten Ergebnissen zu kommen. Das Vergessen von Raum und Zeit im Vertieftsein in die
Arbeit bedeutet immer wieder auch eine spürbare Steigerung von Einsatz und Ausdauer bei
der Arbeit.
3.2.3. Die Bedeutung von Erfolg und Motivation
Schuster erwähnt in seiner zweiten Wirkungsannahme, dass Kunsttherapie
den Klienten das Vertrauen gibt, etwas schaffen zu können. Dieser Aufbau von
Erfolgszuversicht ist ein wesentlicher Faktor sowohl der Kunsttherapie wie auch des
Kunstangebots der Krankenhausschule.
Erreicht werden kann diese Erfolgszuversicht vor allem auch über die Art des Umgangs mit
den Rehabilitanden und ihren Produkten, der Parallelen zum nichtdirektiven Ansatz der
Kunsttherapie zeigt. Schuster (1993, 53ff) schreibt darüber, dass hier der Therapeut sich
darauf beschränkt, den Gestaltungsvorgang einfühlend zu kommentieren. Das nicht lenkende
Interesse des Therapeuten/Lehrers für die gestaltende Arbeit stärkt das
Vertrauensverhältnis zwischen Rehabilitand und Lehrer. Diese emotional positive Beziehung
führt zu einer psychischen Stärkung des Rehabilitanden und gibt ihm Mut, auch neue
Themen oder Techniken auszuprobieren. Erste Erfolge stabilisieren das v.a. nach erworbenen
Hirnschäden oft deutlich angeschlagene Selbstwertgefühl und ermöglichen so erst weitere
Erfolgsbemühungen und damit Erfolge auch in anderen therapeutischen Bereichen.
Übereinstimmung herrscht auch mit Amend/Ischebeck (1996), die von ihren
kunsttherapeutischen Erfahrungen in der Neurochirurgischen Klinik Holthausen berichten:
"Während häufig in anderen Therapieformen schmerzlich die Insuffizienzen erlebt
werden, können die Patienten hier [ in der Kunsttherapie] entspannen, im Tun loslassen und trotz aller Beschränkungen neue
Ausdrucksmöglichkeiten finden. Dadurch wird das Selbstvertrauen gestärkt und das eigene
Wertgefühl gesteigert" (Amend/Ischebeck 1996, 15). "Durch die Ausnutzung der
vorhandenen kreativen Fähigkeiten scheint nach den vorliegenden Erfahrungen eine
adäquatere Krankheitsverarbeitung mit Verbesserung des häufig gestörten
Selbstwertgefühls unter Berücksichtigung tiefenpsychologischer Aspekte erreichbar zu
sein." so Quester/ Lippert-Grüner (1996, 2) über die Kunsttherapie in der
Neurochirurgie der Universität Köln. Schuster (1993) erwähnt die Möglichkeit, dass
körperbehinderte, geistig behinderte und verhaltensauffällige Kinder von der Anerkennung
ihrer Gestaltungen im Sinne der Kompensation von empfundener Minderwertigkeit profitieren
können. "Diese Ausführungen stehen im Widerspruch zu dem oft gegebenen Hinweis, die
Schönheit der Gestaltung des Klienten sei weniger wichtig; die Gestaltung solle vielmehr
psychisches Material transportieren. Im Verlauf der Therapie seelischer Konflikte ... ist
das im allgemeinen richtig. Wenn aber eine Person unter starken
Minderwertigkeitsempfindungen oder objektiven Beeinträchtigungen leidet, könnte der
Therapeut die ästhetische Seite der Gestaltungen zur Reparation solcher Probleme
einsetzen. Künstler konnten durch die Anerkennung Konflikte und auch seelische Spannungen
besser ertragen. Diese Form des Umgangs mit der bildnerischen Produktion ist allerdings
kaum Bestandteil der heutigen Therapiepraxis" (Schuster 1993, 36).
Im Kunstangebot der Krankenhausschule ist dies jedoch einer der wesentlichsten
Bestandteile der Konzeption. Nichts ist so erfolgreich wie der Erfolg, so lautet ein
geflügeltes Wort. Erste Erfolge sind vor allem zu Beginn der Rehabilitationsbemühungen
am ehesten im offenen Feld der künstlerischen Gestaltungen möglich und können hier den
Startpunkt einer Erfolgsspirale nach oben markieren. Es müssen Themen und Techniken
gewählt werden, bei denen Erfolge wahrscheinlich werden. Der Erfolg im Unterricht sollte
dann umgemünzt werden in allgemeinere soziale Anerkennung. Dies kann jedoch nur durch die
gezielte Präsentation der geschaffenen (Kunst-)Werke erreicht werden. Hierauf soll im
Folgenden noch genauer eingegangen werden.
3.2.4. Das nonverbale Kommunikationsangebot
Kunsttherapie wie Kunstangebot sehen die Chancen, die im bildnerischen
Gestalten gerade für sprachlich eingeschränkte Rehabilitanden liegen. "Der
bildnerische Ausdruck stellt eine wichtige zusätzliche (manchmal auch nur die einzige)
Möglichkeit der Kommunikation und Interaktion dar. Eingeschränkte oder ausgesetzte
verbale Kommunikation, z.B. durch funktionale Störungen oder psychische (traumatische)
Reaktionen auf die durch die Erkrankung ausgelösten Krisen, können so
"ersetzt" werden. Therapeutische Intervention ist dadurch noch gegeben. ...
Beeinträchtigte Sozialisationsprozesse können dadurch wieder "angestoßen"
werden" (Wichelhaus 1996, 12).
Die Zahl aphasisch oder stark dysarthrisch sprechender Rehabilitanden ist im Kunstangebot
verhältnismäßig hoch. Immer wieder ist die intellektuelle Leistungsfähigkeit den
sprachlichen Möglichkeiten der Rehabilitanden weit voraus und eine verbale
Auseinandersetzung für sie mit der sozialen Umwelt entsprechend unbefriedigend bis
frustrierend. Wie in der Kunsttherapie können diese Rehabilitanden auch im Kunstangebot
auf nonverbalem Wege erst richtig zeigen, was sie tatsächlich denken, wissen und können.
Über bildnerische Darstellungen als Kern der Interaktion - ergänzt dann durch
Verbalisierungen des Lehrers - gelingen Aussagen wesentlich differenzierter als ohne
gestalterische Möglichkeiten. Auch Quester/Lippert-Grüner kommen zu diesem Ergebnis:
"Nach den vorliegenden Erfahrungen führt beispielsweise die Integration
bildnerischer Ausdrucksmöglichkeiten, in erster Linie bei Sprachstörungen (Aphasien), zu
einer wesentlich erweiterten Unabhängigkeit infolge einer verbesserten
Kommunikationsgabe, die eine Auseinandersetzung mit der Umwelt fördert" (1996, 2).
Bei Kindern kommt ein weiterer Aspekt hinzu. Ihre sprachlichen Fähigkeiten sind
möglicherweise gar nicht entscheidend eingeschränkt, wohl aber ihre Belastbarkeit bzw.
Konzentrationsfähigkeit. Auch hier ist eine fortdauernde verbale Interaktion oft nicht
ausreichend möglich. Das Gestalten von Bildern bietet hier ebenfalls eine Alternative,
über die sich diese Rehabilitanden äußern können.
3.2.5. Die Wahrnehmungsförderung
Deckungsgleich sind die Erwartungen von Kunsttherapie und Kunstangebot
an das künstlerische Gestalten im Bereich der Entwicklungsförderung. Schuster (1993)
spricht davon, dass sich die Kunsttherapie hier besonders bewährt habe. "Der Nutzen
der zeichnerischen Gestaltung liegt bei Kindern u.a. in einem kognitiven Training. Die
Gliederungsfähigkeit der Wahrnehmung sowie das Objektschema der verschiedenen
Darstellungsinhalte und das räumliche Vorstellen werden gelernt bzw. gefördert. ... So
könnte es sich der Kunstunterricht als Kunsttherapie zur Aufgabe machen, die Entwicklung
von Sonderschülern zu fördern. Die dort gestellten Aufgaben sollten durch geringe
Forderungsdiskrepanzen Erfolgserlebnisse ermöglichen" (1993, 79f). Richter (1984)
will mit einem derartigen Einsatz der Kunsttherapie anderen Therapiemöglichkeiten oder
auch der sachorientierten Arbeit zu einer Erfolgsgrundlage verhelfen. Seiner
"pädagogischen Kunsttherapie" räumt er den Stellenwert einer allgemeinen
Didaktik v.a. für Förder- und Körperbehindertenschulen ein.
Amend/Ischebeck (1996) berichten davon, dass die Kunsttherapie zusammen mit der
Musiktherapie in der Neurochirurgischen Klinik Holthausen integraler Bestandteil des
Therapieansatzes ist. Schwerpunkt ist das Training von Wahrnehmungsprozessen. "Bei
komplexen geometrischen Zeichnungen wird das Erfassen der Orientierung im Raum und das
Verhältnis von Zentrum und Umkreis geübt. Das Ordnungsprinzip der geometrischen
Zeichnungen fördert exaktes Wahrnehmen und konzentrierte Gedankenführung, bietet Halt
und Struktur. Innerhalb der gegebenen Gesetzmäßigkeiten ist eine eigene Gestaltung
möglich. Wird das Zeichnen einzelner Linien zur Fläche verdichtet, eröffnen sich die
Gestaltungsmöglichkeiten der Hell-Dunkel-Zeichnung. Der Patient befindet sich beim
Zeichnen im Spannungsfeld der Auseinandersetzung von Licht und Dunkelheit. Zwischen
schwarz und weiß gibt es vielfältige Durchdringungen und Schattierungen und
Ausgleichsformen. Das Erleben von Licht und Schatten, Studien an Gegenständen und
Polaritäten fördern die genaue Wahrnehmung und vermitteln ein Erlebnis der
Räumlichkeit" (Amend/Ischebeck 1996, 14). Die von ihnen im Rahmen der
neurochirurgischen Frührehabilitation gefundenen Aspekte lassen sich auch für das
Kunstangebot der Krankenhausschule des Jugendwerk Gailingen feststellen: " Die
Kunsttherapie
Der wesentliche Unterschied zwischen Kunsttherapie und Kunstangebot
liegt im Hauptmotiv der Arbeit mit Klienten bzw. Rehabilitanden. Die Kunsttherapie sucht
Zugang zum Unterbewussten mit dem Ziel, dort gezielten, therapeutisch motivierten Einfluß
zu nehmen. Das Kunstangebot verfolgt als Hauptziel, über das Vermitteln von Erfolgen
Selbstwertgefühl, Mut und Motivation zunächst zur eigenen Person wieder herzustellen und
damit auch zu der gesamten Rehabilitationsmaßnahme, also letztlich auch zu der neu sich
präsentierenden Zukunft. Dieser Unterschied des Leitmotivs wirkt sich vor allem in den
gewählten Themenstellungen aus. Diese sind im Kunstangebot enger gefaßt. Sie orientieren
sich weniger an gegenständlichen Darstellungen als mehr an allgemeinen, eher dekorativen
Gestaltungen, da hier ästhetische Erfolge am einfachsten zu erzielen sind. Die
Anerkennung dieser Werke vom sozialen Umfeld der Rehabilitanden gelingt bei entsprechender
Präsentation am leichtesten.
Dennoch gibt es viele Gemeinsamkeiten, die sich vielleicht mit Grundhaltungen umschreiben
lassen. So teilen Kunstangebot und Kunsttherapie ihren Kunstbegriff weitgehend und damit
die Auffassung davon, das Kunst eigentlich für jeden von uns wertvoll ist und sich
positiv auf Persönlichkeit und Rekonvaleszenz ausübt. Auch herrscht Übereinstimmung
darüber, unter welchen Bedingungen, in welchem Rahmen und in welchem Stil künstlerisches
Gestalten eingeführt und weiter begleitet werden sollte, um sich auch innerhalb einer
Rehabilitation nutzbringend einzubringen. Das Erkennen der Bedeutung des
nicht-sprachlichen Weges zu Erfolgen ist eine weitere Gemeinsamkeit. Das Kunstangebot der
Krankenhausschule findet sich auch in folgender Aussage von Thomas (1996, 27) über die
Kunsttherapie wieder. "Kunsttherapie ... bedeutet also: Kommunikation,
Sichtbarmachen, Selbsterfahrung, Steigerung des Selbstwertgefühls und Selbstvertrauens,
Spontaneität, Kreativität, psychomentale Strukturierung. Damit wird das, was sie
bewirkt, in abstrakte Begriffe gefaßt. Je öfter wir diese hören und je routinierter wir
mit ihnen umgehen, desto mehr laufen wir Gefahr, ihren Sinn nicht mehr zu begreifen. Über
rationale Reflexionen entziehen wir uns immer mehr dem Eigentlichen. Das Gefühl hat
keinen Zugang mehr zu uns und zu anderen. Aus meiner Sicht liegt hierin eine Ursache
dafür, dass sich die Kunsttherapie sowie andere kreativtherapeutische Verfahren und die
Wissenschaft so schwer miteinander tun. Kunsttherapie geht den Weg der Sinne und der
Hingabe, Wissenschaft den Weg des Geistes und der Abstraktion."
Das Kunstangebot der Krankenhausschule des Jugendwerk Gailingen hat noch eine weitere,
zusätzliche Funktion, die von der Kunsttherapie und der bis hierhin diskutierten
Auffassung des von Erwachsenen begleiteten Gestaltens weit entfernt liegt. Sie soll der
Vollständigkeit wegen an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Das Kunstangebot der
Krankenhausschule hat die Aufgaben des konventionellen Kunstunterrichts der allgemeinen
Schulen im Bedarfsfall natürlich auch zu erfüllen. Immer wieder wählen Rehabilitanden,
die an der Krankenhausschule den Hauptschulabschluss ablegen, Kunst als
Wahl-Prüfungsfach. Stand am einen Ende des Leistungsspektrums der Aufbau von
Selbstvertrauen und Leistungsmotivation als Leitmotiv des Kunstangebots, so ist in diesen
Gruppen die lehrplanorientierte Stoffvermittlung zentraler Aspekt des Unterrichts.
Natürlich sind die Wirkungsannahmen des kreativen Gestaltens dadurch nicht ungültig
geworden. Sie können hier nur nicht mehr in gleichen Maße berücksichtigt und gefördert
werden. Im Mittelpunkt der Arbeit in der HSA-Gruppe steht die Leistungsorientierung mit
Prüfung und Benotung.
4. Didaktisch/ methodische Überlegungen zum Kunstangebot
Das Kunstangebot der Krankenhausschule ist seiner Natur nach im
wesentlichen Förderunterricht. Es baut daher auf den Prinzipien der Einzelförderung auf.
Dies bedeutet vor allem die Möglichkeit des individuellen Eingehens auf die Bedürfnisse
des Rehabilitanden, ohne dabei durch Benotung Druck ausüben zu müssen. Art, Grad und
Auswirkungen der Beeinträchtigungen bestimmen ebenso wie die persönlichen Interessen des
Rehabilitanden Aufbau und Struktur des Unterrichtsangebots. Im allgemeinen gelten die
Grundsätze, die von Richter 1984 im Sinne einer allgemeinen Didaktik im Rahmen seiner
Pädagogischen Kunsttherapie formuliert wurden: Instruktionserhöhung,
Komplexitätsreduktion, Individualisierung, verstärkte Zuwendung und die Substitution,
also die Anpassung der Inhalte, Wege, Materialien, usw. an die körperlichen oder anderen
Einschränkungen der Rehabilitanden.
Der Förderunterricht hat an der Krankenhausschule immer das Ziel, sich überflüssig zu
machen. Im Sinne schulischer Rehabilitation wird auf die Gruppenfähigkeit der
Rehabilitanden hin gearbeitet. Erst, wenn sie im Klassenunterricht mithalten und
profitieren können, ist die Rückkehr in allgemeine Ausbildungsgänge nach der
Rehabilitations-Maßnahme möglich. Dieses Ziel trifft für das Kunstangebot nicht ganz
zu. Es versteht sich nicht als erste Stufe der Förderung, der weitere in komplexeren
Angeboten folgen. Das Kunstangebot steht für sich, kann in jeder Phase der Rehabilitation
sinnvoll sein und will die Rehabilitanden auf ihrem Weg stabilisierend begleiten.
Neben Verwandtschaften zur Kunsttherapie möchte ich hier auch kurz auf Parallelen zur
Projekt-Methode der Reformpädagogik eingehen, die in der breiteren Öffentlichkeit nur
noch in rudimentärer (und inhaltlich entstellter) Form als Projektwochen an fast allen
Schulen seit vielen Jahren in Erscheinung tritt. Allgemein versteht sich die
Projekt-Methode als eine Form der lernenden Betätigung, die bildend wirkt. Ohne groß auf
die ursprünglichen Ansätze von Dewey und Kilpatrick einzugehen, möchte ich hier auf
einige zentrale Merkmale der Projekt-Methode eingehen und sie in Beziehung zum
Kunstangebot der Krankenhausschule setzen (vgl. auch Duncker/Götz 1984 und Frey 1984).
Neben Interdisziplinarität und mehrdimensionalen Lernzielbezügen sind vor allem drei
Projektmerkmale auch für uns besonders wichtig:
Mit Umweltbezug ist in der Projekt-Methode umschrieben, dass Lernen am sinnvollsten in Situationen statt findet, die auf die aktuellen Probleme der physischen und sozialen Umwelt der Lernenden bezogen sind. So spielt in der Konzeption des Kunstangebots die Bezugnahme auf die Umwelt der Rehabilitanden eine wichtige Rolle mit dem Ziel der Stützung ihres Selbstwertgefühls und der Anbahnung neuer sozialer Anerkennung. Mit anderen Worten: ein wichtiger Teil des Kunstangebots findet nicht im Unterricht, sondern in seiner Verlängerung in den sozialen Alltag der Rehabilitanden statt. Gemeint ist die Präsentation der geschaffenen Gestaltungen außerhalb des Förderunterrichts.
Die Produktorientierung ist neben der Interdisziplinarität augenfälligstes Merkmal von Lernprojekten. Angestrebt wird die Integration von Lernen und Handeln. Ziel ist die Herstellung eines Produktes (im weitesten Sinne), das zur Verbesserung der physischen und sozialen Umwelt der Schüler beiträgt. Im Kunstangebot kommt man fast nicht umhin, produktorientiert zu denken, da sich alle Bemühungen letztlich um die Kunstwerke und die Art ihrer Verwendung drehen.
Die Generalisierbarkeit der Inhalte fordert einen exemplarischen Charakter der Projekte. Die Themen und die im Unterricht vermittelten Fähigkeiten müssen auf Künftiges und Ähnliches übertragbar sein. Dieses Ziel verfolgt das Kunstangebot in dem Bemühen, Kunst als etwas Alltägliches und von jedem Nutzbares zu vermitteln, was auch im Leben nach der Rehabilitationsmaßnahme z.B. im Sinne psychischer Stabilisierung genutzt werden kann.
Die große Bedeutung der Vermittlung sozialer Kompetenzen innerhalb der
Projektmethode kann im Kunstangebot kaum verfolgt werden, da Gruppenarbeit als solche kaum
möglich ist. Ein Teilaspekt findet sich dennoch wieder. Es ist das veränderte
Verständnis von Lehrersein und Schülersein. Die Projektmethode geht davon aus, dass in
Lernprojekten jeder von jedem lernen kann. Die Steuerung der Lernprozesse und die
Überprüfung der Lernergebnisse gehen nicht mehr eindeutig vom Lehrer aus. Die Schüler
erhalten für das Gelingen der Projekte mehr Verantwortung.
Viele didaktische bzw. methodische Aspekte des Kunstangebots sind schon im Rahmen der
Anlehnungen an die Kunsttherapie erwähnt und begründet worden. Hier möchte ich auf zwei
zentrale Aspekte näher eingehen.
4.1. Die Rolle des Lehrers
Das Rollenverständnis des Lehrers im Kunstangebot kann wesentlich zur
Entspannung der Situation beitragen. Er sollte sich keinesfalls als der klassische
Wissensvermittler geben, sondern vielmehr als ein im Hintergrund wirkender Begleiter der
Rehabilitanden auf dem Weg zu gelungenen (Kunst-) Werken. Er ist nur da, wenn er gebraucht
wird. Er stellt die Materialien, Techniken und Tipps zur Verfügung. Und der Lehrer
arbeitet darauf hin, dass der Rehabilitand seine Pläne und Ideen für die Stunde schon
mitbringt. Die gestalterischen Pläne und Ideen des Lehrers sollen möglichst im
Hintergrund bleiben.
Wenn bei den Anlehnungen weiter oben der nichtdirektive Ansatz der Kunsttherapie
gewissermaßen als Entsprechung zu dem Kunstangebot genannt wurde, so ist dies oft nur
eine ideale Leitvorstellung. Natürlich sitzen immer wieder Rehabilitanden vor dem Blatt
und sind nicht - einfach so - in der Lage, auch nur anzufangen. Teilweise werden stark
strukturierende Hilfen von Lehrerseite unerlässlich. Konsequent nichtdirektives
Lehrerverhalten muss dann verlassen werden, wenn Gestaltungsprozesse überhaupt erst in
Gang kommen sollen bzw. am Laufen gehalten werden müssen.
Vor allem gilt es immer wieder, Erwartungsdruck abzubauen. Viele Rehabilitanden scheinen
in den ersten Stunden im Kunstangebot regelrecht blockiert. Zum einen ist die
Konfrontation mit den nun am eigenen Ich erfahrenen Defiziten oder Ängsten wie schon
angesprochen eher frustrierend und unangenehm, zum anderen - viel trivialer - ist Kunst in
der Schule bei vielen Kindern und Jugendlichen wenigstens immer wieder zweifelhaft
emotional besetzt und wird sehr schnell mit Schlagwörtern wie Kinderkram, Wischiwaschi,
Gängelung, aber auch mit ungerechter Bewertung, Unlösbarkeit der Aufgaben und der
erdrückenden Macht der hehren Kunst verbunden. Dem Lehrer muss hier zunächst die
Botschaft gelingen, dass der Rehabilitand als Mensch interessant ist und als solcher auch
geschätzt wird. In diesem Zusammenhang sollte das Gelingen von Gestaltungen relativiert
werden. Der oben erläuterte Kunstbegriff lässt sich meiner Erfahrung nach recht einfach
vermitteln und wird gerne von den Rehabilitanden akzeptiert. Scheinbare Probleme sind dann
oft gar keine Probleme mehr.
Der Lehrer kommt dennoch nicht umhin, immer wieder auch inhaltlich helfend einzugreifen.
Die entscheidende Frage ist hier, wie viel Hilfe (und im welcher Form) kann ich geben,
ohne dass der Rehabilitand am Ende das Gefühl hat, dieses Bild ist gar nicht von mir und
aus mir heraus entstanden, die Anteile des Lehrers sind ja wesentlich größer. Hier ist
es sehr wichtig, den Rehabilitanden jeweils nur Vorschläge - auch unter Anbieten von
Alternativen - zu machen. Tipps zur Verdeutlichung sollten nie im eigentlichen Werk des
Rehabilitanden angedeutet bzw. ausprobiert werden, sondern immer auf einem gesonderten
Blatt. Die danach vom Rehabilitanden getroffene Entscheidung muss dann gelten, auch wenn
es aus Sicht des Lehrers ästhetisch positive Ansätze im Werk vollständig zunichte
macht. In diesem Zusammenhang müssen natürlich auch Abbrüche akzeptiert werden, wenn
vorsichtige Versuche des Überredens zum Weiterarbeiten an einem Bild keinen Erfolg gehabt
haben. Kommentierend sollte der Lehrer jeweils in solchen Phasen positiv herausstellen,
dass es die Entscheidung, die Leistung des Rehabilitanden ist, die zum Gelingen des Bildes
beigetragen haben.
Bei Rehabilitanden, die durch motorische Einschränkungen wie spastische Lähmungen oder
Ataxien in ihrer Feinmotorik so eingeschränkt sind, dass das Stift- oder Pinselhalten
kaum gelingt und Linien nur unkontrolliert auf das Blatt geraten, genügen reine
Substitutionen nicht mehr. Hier muss der Lehrer selbst sich als Hilfsmittel zur Verfügung
stellen, und dies im eigentlichen Sinne dieser Formulierung. Er soll seine Hand dem
Rehabilitanden gewissermaßen leihen. Dies ist nicht so einfach, lassen sich doch eigene
Angewohnheiten, Sichtweisen, Vorstellungen u.v.m. nicht so einfach abschalten. Wenn der
Rehabilitand beispielsweise wünscht, einen schwarzen Vogel bitte oben rechts in den
Himmel zu malen, so wird dies ganz unwillkürlich ein Vogel werden, wie ihn sich der
Lehrer vorstellt. Die bildlichen Vorstellungen des Rehabilitanden lassen sich nicht so
detailliert versprachlichen, wie es in diesem Fall notwendig wäre. Genau dieser Umstand
ist ja die Stärke des künstlerischen Gestaltens im therapeutischen Kontext. Eine
Kunststunde würde dann zu einer anspruchsvollen Deutschstunde. Das herkömmliche Malen
eines Bildes scheidet hier also aus. Gute Erfahrungen haben wir mit Collagen gemacht, da
hier die notwendigen Anweisungen präzise genug gelingen, um wirklich den Willen des
Rehabilitanden umsetzen zu können. Anweisungen wie "Schneide hier" oder
"Klebe da" lassen sich mit zeigenden Gesten verbinden und so eindeutig klären.
Auch sollte der Lehrer im Zweifel lieber einmal zuviel nachfragen, wo genau der Schnitt
entlanglaufen soll. So kann der Rehabilitand das Gelingen einer Collage gefühlsmäßig
ganz auf sich und seine Ideen beziehen, obwohl die tatsächliche Fertigung ein anderer
erledigt hat. Größtes Problem für den Lehrer ist auch hier, Entscheidungen der
Rehabilitanden zu akzeptieren, die seinem gestalterischen Empfinden nicht entsprechen und
das in seinen Augen bis dato gelungene Bild völlig ruinieren.
Ungesteuerte Unterhaltungen, Plaudereien sind mit ein Ausdruck entspannter Atmosphäre.
Gespräche dürfen innerhalb der Kleingruppen so geführt werden, wie sie entstehen. Oft
ist die Gruppendynamik auf den einzelnen Bettenhäusern Thema unter den jugendlichen
Rehabilitanden. Nähern sich die Inhalte psychotherapeutisch relevanten Themen oder
Inhalten, so gehe ich als Lehrer - im Gegensatz zum Kunsttherapeuten - nicht weiter darauf
ein noch versuche ich, zu intervenieren. Ich signalisiere aber durch mein Zuhören
Interesse und zeige durch Wiederholen der geäußerten Inhalte, dass ich verstanden habe.
Es kann immer wieder auch angezeigt sein, bestimmte Gesprächsverläufe v.a. in den
Gruppen abzublocken, um pathologische Verhaltensweisen nicht weiter zu festigen oder
Rehabilitanden zu schützen. In jedem Fall ist diesbezüglich die enge Teamarbeit v.a. mit
den betreuenden Psychologen wichtig, in der die gemachten Erfahrungen weitergegeben werden
und/oder konkrete Verhaltensweisen für vorhersehbare Gesprächssituationen oder
Verhaltensweisen ausgemacht werden können.
Einen weiteren Schwerpunkt möchte ich auf die Wahl der Materialien
setzen. Es ist oben deutlich geworden, dass der Rehabilitand im Kunstangebot die
Möglichkeit erhalten soll, sich und seine kreativen Möglichkeiten auch mit dem Ziel
anerkannter ästhetischer Gestaltungen zu entfalten. Große Flexibilität ist daher ein
wesentliches Merkmal des Kunstangebots, um auch spontan den Ideen und möglichen
Meinungsänderungen des Rehabilitanden Rechnung tragen zu können. Flexibel kann ich als
Lehrer jedoch nur reagieren, wenn die Auswahl meiner Techniken und Materialien möglichst
anspruchslos ist. Je einfacher oder alltäglicher die Materialien, desto sinnvoller.
Natürlich gibt es Techniken wie z.B. Seidenmalerei oder Airbrushing, die beeindruckende
und damit sicher allgemein als ästhetisch anerkannte Produkte möglich machen. Sie
bedürfen jedoch eines gewissen Vorbereitungsaufwands - auch die Beschaffung der
Materialien betreffend. Auf den finanziellen Aspekt sei hier ebenfalls hingewiesen.
Aufwendigere Techniken sind oft auch mit teureren Materialien verbunden und schon dadurch
nicht als alltäglich und jederzeit einsetzbare Techniken möglich.
Die Beschränkung auf schlichte Materialien und Techniken hat einen weiteren Vorteil. Man
kann mit ihnen nicht nur jederzeit, sondern auch an jedem Ort arbeiten. Je weniger
Geräte, Hilfsmittel oder Ausstattungen notwendig sind, desto leichter kann ich es in
jedem (Klassen-) Zimmer und auch einmal ungeplant einsetzen.
Ein zweiter Hinweis ist mir wichtig. Es gibt eine Fülle verschiedener Möglichkeiten,
bildnerisch tätig zu werden. Die Versuchung ist groß, jedes neu auf den Markt kommende
Produkt sich auch für den Unterricht anzueignen. Es ist jedoch sinnvoll, statt einer
Vielfalt verschiedener Materialien lieber die Vielfalt innerhalb weniger Materialien
aufzubauen. Es gibt zum Beispiel Buntstifte, Wachsstifte, Filzstifte, Fettstifte,
Ölkreiden, Aquarellstifte und viele mehr. Es kommt nicht drauf an, jede Spielart in einem
eingeschränkten Farbsortiment zur Verfügung stellen zu können. Wichtiger ist es, die
Art von Stiften, die zur Verfügung stehen, in einer großen Fülle von (Farb-)Varianten
einsetzen zu können. Das Schöpfen aus einem Überfluss heraus erleichtert kreative
Gestaltungsprozesse, die, getragen von den Impulsen des Materials, sich im Prozess selbst
erst voll entwickeln. Lieber also auf zwei oder drei Möglichkeiten des Malens und
Zeichnens verzichten, dafür aber die eingesetzten Materialien reich und mit vielen
Abstufungen ausstatten. Als sinnvolle Mindestausstattung unseres Kunstangebots versteht
sich folgende Auflistung:
Viele weitere Materialien sind reizvoll und im Sinne des Kunstangebots möglicherweise auch wünschenswert. Mit dem oben aufgezählten Material arbeiten wir in der Krankenhausschule, ohne das Gefühl von Verzicht oder Entbehrung zu haben. Erinnert sei nochmals an den Grundsatz. "Lieber wenig richtig, als viel nur halb anbieten". Mit der Wahl einfacher und alltäglicher Materialien wird zudem die Botschaft verstärkt, dass praktizierte Kunst in jedermanns Alltag einen Platz haben könnte und dass auch die Rehabilitanden nach Abschluss ihres Rehabilitationsaufenthaltes ohne Probleme an Erfahrungen aus dem Kunstangebot anknüpfen können.
4.3. Die Ziele des Kunstangebots
Die Bandbreite der Unterrichtsziele orientiert sich an den Bedürfnissen der Rehabilitanden. Sie sind so vielfältig wie das Leistungsspektrum der Rehabilitanden des Jugendwerk Gailingen selbst. Die Ziele reichen wie schon erwähnt von Einzelförderung und dem Versuch, erste Erfolge und damit Zuversicht aufzubauen bis hin zu schulischer Förderung mit dem Schwerpunkt der lehrplanorientierten Wissensvermittlung. Im wesentlichen lassen sich sechs Felder ausmachen.
4.3.1. Entspannung und Aggressionsabbau
Immer wieder ist der Grund für die Eingruppierung von Rehabilitanden
im Kunstangebot ihre fast verbissene Orientierung an einem optimalen und schnell
erreichten Rehabilitationsergebnis. Sie wollen eine schnelle Rückkehr in ihre alte Welt
erzwingen über die verinnerlichte Weisheit, dass Viel auch viel hilft. Sie halten daran
fest, dass ihre Fortschritte um so größer sein werden, je mehr sie sich anstrengen und
Einsatz bringen. Diese Haltung kann Therapieerfolge in allen Bereichen blockieren, da die
Rehabilitanden regelmäßig über ihre momentan eingeschränkten Kräfte gehen und sich so
über die Maßen erschöpfen.
"Im künstlerischen Prozess entfernt sich der Mensch von der alltäglichen Welt und
gelangt in eine geheimnisvolle Welt voll Licht und Wärme, die Begeisterung auslöst. ...
Das Malen geschieht mit Andacht und in Ruhe. Einerseits setzt man sich ab und versinkt,
ist also ganz bei sich, andererseits wendet man sich gelöst und neugierig oder sogar
anteilnehmend seiner Umwelt zu" (Szlosek 1997, 277).
Aufgabe des Kunstangebots ist das Aufbrechen einer übertriebenen
"Ich-muss"-Haltung. Die Rehabilitanden sollen die entspannende Wirkung des
Gestaltens erfahren. Sie sollen erfahren, dass Spaßhaben nicht destruktiv ist und
Entspannen nicht kontraproduktiv. Das Wegführen von unbedingter Leistungsorientierung
gelingt im Kunstangebot recht gut, da ja eigentlich kein Ergebnis objektiv falsch ist
(siehe Kunstbegriff). Der Lehrer ist natürlich gefordert, durch das Vorschlagen
geeigneter Themen auch Ergebnisse anzubahnen, die zudem allgemein Anerkennung finden
können und so vom Rehabilitanden als gelungen akzeptiert werden.
Nahe bei diesen Motiven liegen Rehabilitanden, die Aggressionen gegen sich oder andere mit
sich tragen und sich so nicht recht auf die eigentlichen Inhalte der verschiedenen
Therapien einlassen können. Auch hier bietet das Kunstangebot Chancen für das Aufbrechen
dieser Haltung. Die Möglichkeiten impulsiven Malens sind in unvorbereiteten Räumen mit
Teppichböden deutlich eingeschränkt. Oft ist es aber schon die Größe des Bildes,
welche entlasten kann. Das Befestigen von großen Papierbahnen an zugänglichen Wänden
oder über die ganze Tafel ist nur eine Möglichkeit. Weitere Möglichkeiten bestehen in
vielen aleatorischen Verfahren, bei denen zum Beispiel durch das Fallenlassen von
Wasserfarbentropfen aus Höhen von ein bis zwei Metern auf ein Blatt zufällige und sehr
dynamische Strukturen entstehen, die oft auch ästhetischen Reiz besitzen.
Das bildnerische Ausleben negativer Gefühle ist eine weitere Option des Kunstangebots.
Schuster schreibt bezüglich der Kunsttherapie bei verhaltensgestörten Kindern, dass
thematische Vorgaben aus Märchen es den Kindern ermöglichen, aggressive Phantasien, die
aus ihrer eigenen Machtlosigkeit und aus der von ihnen empfundenen Ohnmacht erwachsen,
ohne Schuldgefühle im Handlungsverlauf des Märchens stellvertretend als wirklich zu
erleben. Er kommt zu dem Schluss, "dass Kinder die Gelegenheit brauchen, auch ihre
negativen, zerstörerischen Phantasien auszudrücken und z.B. in der Zeichnung
stellvertretend zu verwirklichen" (Schuster 1993, 84).
4.3.2. Motivationsaufbau über erste Erfolge
Wie schon erwähnt nimmt der Aufbau von Motivation und
Erfolgszuversicht einen breiten Raum im Kunstangebot ein. Ich möchte an dieser Stelle
lediglich den "Knack"-Punkt dieses Unterrichtszieles etwas herausarbeiten.
Dieses Unterrichtsziel wird um so eher erreicht, je besser es dem Lehrer gelingt, durch
die richtige Wahl von Thema und Technik die Anteile des Rehabilitanden am fertigen Produkt
möglichst groß zu machen und je breiter die positive Reaktion im Sinne von sozialer
Anerkennung auf das gestaltete Produkt ist. Kurz gesagt geht es darum, wie ich mich als
Lehrer einbringe (Lehrerrolle) und was mit dem Bild nach der Fertigstellung geschieht
(Präsentation). Auf beide Punkte gehe ich ihrer zentralen Bedeutung wegen gesondert ein.
Die richtige Wahl von Thema und Technik ist letztlich eine Frage des Geschicks, der
Erfahrung und des Einfühlungsvermögens des Lehrers und nicht einfach so vermittelbar.
Berücksichtigt man aber, dass der Spielraum besteht, den Vorstellungen und Ideen des
Rehabilitanden im Sinne nichtdirektiver Begleitung zu folgen, so erscheint diese Aufgabe
durchaus lösbar.
4.3.3. Malen als nonverbale Ausdrucksmöglichkeit
Die Chance, Aphasikern und schweren Dysarthrikern mit dem bildhaften
Gestalten nonverbale Ausdrucksmöglichkeiten für die Realisierung differenzierterer
Aussagen zur Verfügung zu stellen, ist weiter oben schon angesprochen worden. Daher sei
hier nur noch auf einen Aspekt hingewiesen, der sich aus der Charakteristik der
Schädel-Hirn-Traumen ergibt. Meist ergeben sich Aphasien nach Verletzungen der linken, in
der Regel sprachdominanten Hemisphäre. Dabei wird die Willkürmotorik der rechten
Körperhälfte - angesiedelt ebenfalls links und unweit der Sprachzentren (v.a.
Broca-Region) - oft mitbetroffen. Zu beobachten ist daher häufig das gemeinsame Auftreten
einer (motorischen) Aphasie zusammen mit einer Hemiplegie der rechten Extremitäten. Damit
sind für den Rehabilitanden sowohl der klare sprachliche Ausdruck als auch das Schreiben
und Zeichnen mit seiner starken Hand zunächst deutlich beeinträchtigt. Oft ist es also
für einen Aphasiker gar nicht so einfach, sich nun ersatzweise auch bildlich mitzuteilen.
Die linke Hand ist ungeschickt, das Malen mit ihr oft mit Frustrationen verbunden.
Von großem Nutzen sind hier die verschiedenen Collagetechniken, bei denen der Lehrer im
Falle motorischer Beeinträchtigungen aushelfen kann, ohne mitzugestalten. Auch sind für
die Arbeitsanweisungen an den Helfer seitens des Rehabilitanden keine sprachlichen
Kompetenzen notwendig; es genügt im Prinzip das Deuten mit der gesunden Hand.
Unerlässlich ist jedoch eine große Vielfalt der zur Verfügung gestellten Bilder und
Vorlagen, um auch wirklich Bildaussagen zu ermöglichen, die das Mitteilungsinteresse des
Rehabilitanden treffen. Auch hier ist, wie bei den allgemeinen Materialien schon erwähnt,
Überfluss zwingend notwendig, um die eigentlichen Unterrichtsziele zu erreichen. Um nun
nicht all zu viel Zeit mit dem Durchblättern von Stößen von Illustrierten zu
verbrauchen und Motivationen dadurch verpuffen zu lassen, sollten die Materialien durch
den Lehrer schon durchforstet und vorsortiert sein. Der Rehabilitand bekommt dann
verschiedene Mappen zur Verfügung gestellt, die sich an weiten Kategorien orientieren
(z.B.: Menschen, Tiere, Landschaften, Technik, Häuser, etc.)
Bildhaftes Gestalten als Ausdrucksmittel ist aber nicht nur sinnvoll, wenn man nicht reden
kann, sondern auch, wenn man nicht reden will. Reden bedeutet, einem Gesprächspartner
gegenüber zu sitzen, der fragt und zuhört. Man muss sofort reagieren, vielleicht Rede
und Antwort stehen. Künstlerisches Gestalten bedeutet dagegen alleine mit sich, der Idee
und den Materialien zu sein. Man muss sich weder auf ein soziales Gegenüber einlassen
noch riskiert man unangenehme Fragen oder Vorhaltungen. Malen kann hier ein erstes Ventil
sein, um Spannungen zu entlasten. Es kann aber auch - ganz im Sinne der Kunsttherapie -
Redeanlässe zur Klärung der Spannungen oder Konflikte bieten.
4.3.4. Training neuropsychologischer Teilleistungen
Vreni Schweizer nannte bei einem 1994 im Jugendwerk Gailingen gehaltenen Vortag über Neuropsychologisches Training zehn neuropsychologische Modalitäten und bezog sich dabei auf Poeck und Bonmot:
Die meisten der hier genannten Modalitäten werden beim Gestalten künstlerischer Arbeiten berührt. Die im Kunstangebot der Krankenhausschule bearbeiteten Inhalte erfordern neben der Kreativität vor allem das Planen, Strukturieren und Systematisieren der eigenen Arbeitsschritte. Neben dem Gedächtnis ist die Wahrnehmung räumlicher Zusammenhänge notwendig. Beispielsweise basieren geometrische oder abstrakte Bildideen oft auf einem Gestaltungsprinzip, welches während der ganzen gestalterischen Arbeitszeit am Bild durchgehalten werden muss. Gemeint sind z.B. regelmäßiges Abwechseln bestimmter Elemente wie Farben oder Formen, das abwechselnde Drüber und Drunter beim Weben mit Papierstreifen oder aber auch das ständige Präsenthalten von Konstruktionshilfen wie Fluchtpunkten in perspektivischen Zeichnungen. Neuropsychologische Teilleistungen sind auch hier gefragt (Strukturierungs- und Planungsfähigkeit, aber auch Gedächtnisleistungen und verschiedene Wahrnehmungsdimensionen). Förderdiagnostik lässt sich hier besonders eindrucksvoll umsetzen, werden doch während der Arbeit die vorhandenen Leistungsdefizite offenkundig
. "Besonders deutlich lassen sich auf der bildnerischen Ebene Störungen des Gesichtsfeldes und der visuellen Wahrnehmung erkennen, die sich vielfach in veränderter Formatgestaltung mit Aussparungen der nicht wahrgenommenen Bildhälfte dokumentieren" (Lippert-Grüner/Quester 1996, 4). In vielfältiger Weise lassen sich die Gestaltungsprinzipien vereinfachen oder abkürzen, um so auf während der Arbeit erkannte Defizite zu reagieren. Neue thematische Schwerpunkte werden auf diesem Weg für die künftigen Stunden deutlich.Die Förderung neuropsychologischer Teilleistungsstörungen lässt sich kaum zwangloser verwirklichen als in einem Unterrichtsangebot, in dem künstlerisches Gestalten im Mittelpunkt steht. Sie ist daher auch ein wesentlicher Aspekt des Kunstangebots der Krankenhausschule.
4.3.5. Selbständigkeit und das Training motorischer Fertigkeiten
Es leuchtet ein, dass der Wille, es selbst zu schaffen, eine der
wichtigsten Triebfedern für das Arbeiten an motorischen Handicaps ist. Diese Motivation
lässt sich im Bereich der künstlerischen Gestaltungen recht einfach aufbauen, da Erfolge
wahrscheinlich und daher als erreichbar erkannt werden. Der Umgang, mit Scheren, Stiften
und Linealen ist mit spastischen, ataktischen oder plegischen Händen sicher mühsam und
oft frustrierend. Bei entsprechender Anleitung aber und den notwendigen Anpassungen
(Linkshänderscheren, selbstöffnende oder stehende Scheren, schwere Lineale,
Stiftverdickungen, rutschfeste Unterlagen, u.v.m.) ist oft erstaunlich viel eigenes Tun
für die Rehabilitanden möglich. Eingeübt werden kann in diesem Zusammenhang auch das
räumliche Anordnen der Materialien auf dem Tisch. Oft gelingt das Schneiden mit der
Schere mit nur einer Hand nur deshalb nicht, weil das Blatt nicht die richtige
Orientierung zur arbeitenden Hand hat. Das Bedürfnis, in der Dynamik ihres
gestalterischen Prozesses unabhängig zu sein von der Verfügbarkeit der Helfer, weckt
immer wieder erst den Ehrgeiz mancher Rehabilitanden, die sich sonst gerne bedienen
lassen, obwohl sie selbst wesentlich mehr könnten.
Selbständigkeit auch im weiteren Sinne kann durch künstlerisches Gestalten angestoßen
werden. Gemeint ist die Selbständigkeit in der Gestaltung der Bilder, in der
Verwirklichung von individuellen Ideen und Zielen, die sich als Haltung manifestieren kann
und dann auch über das eigentliche Kunstangebot hinaus wirkt. Schusters Wirkungsannahme
Nummer 1 der Kunsttherapie lautete: Kunsttherapie stimuliert die Kreativität und wirkt so
auf die "relative" Kreativität der Lebensführung. Dies wird auch von Ärzten
bestätigt. Über 90% der Patienten des neurochirurgischen Rehabilitationszentrum der
Universität Köln nutzten die Möglichkeit der angebotenen Kunsttherapie. Sie berichteten
nach Abschluss der Rehabilitation, dass der kreative Schaffensprozess einen individuellen
Freiraum schuf, der die Selbständigkeit förderte (Quester/Lippert-Grüner 1996, 2).
4.3.6. Talentförderung und Wissensvermittlung
Wie schon erwähnt, hat das Kunstangebot auch die Aufgabe, die
(regel-)schulische Rolle von Kunstunterricht zu übernehmen. Die Orientierung an den Lehr-
und Bildungsplänen der einzelnen Bundesländer versteht sich hier von selbst. Dies gibt
im Besonderen für die Gruppen, die sich alljährlich auf den Hauptschulabschluss
vorbereiten.
Immer wieder sind jedoch künstlerisch begabte Rehabilitanden im Jugendwerk Gailingen, bei
denen die Möglichkeiten des Kunstangebot aus Sicht des Gesamtkonzeptes ihrer
Rehabilitation nicht vorrangig erscheinen. Kunst spielt jedoch in ihrem Leben eine
besondere Rolle und auf ihren Wunsch hin wird ihnen nach Möglichkeit ebenfalls ein
schulisches Kunstangebot gemacht. Dies kann als Talentförderung verstanden werden, in der
die inhaltlichen Schwerpunkte der Rehabilitand selbst setzen kann. Oft werden in diesen
Stunden individuelle Spezialthemen gewählt, besondere und für den Rehabilitanden neue
Techniken oder Verfahren vorgestellt oder auch kunsthistorische Exkurse durchgeführt.
Hintergrund ist hier die Chance, dem Rehabilitanden das Gefühl zu geben, wichtige
Bereiche seiner Selbst kommen auch während der Rehabilitationsmaßnahme nicht zu kurz.
Die Akzeptanz des oft vielmonatigen Aufenthaltes im Rehabilitationszentrum ist dann
wesentlich größer.
Bevor die einzelnen Möglichkeiten der Präsentation dargestellt werden, möchte ich kurz begründen, warum das Suchen von Öffentlichkeit kein mögliches Anhängsel, sondern ein zentraler Faktor in der Konzeption des Kunstangebots ist.
5.1. Das positive Selbstkonzept
Ein positiv geprägtes Selbstkonzept und die damit verbundene
Erfolgszuversicht spielt wie schon erwähnt eine Schlüsselrolle in der Bewältigung von
Daseinskrisen wie den Folgen schwerer Schädel-Hirn-Verletzungen. Neubauer sieht in dem
Begriff des Selbstkonzepts einen Sammelbegriff für eine Vielzahl von Konzepten bezüglich
der eigenen Person, die mehr oder weniger aufeinander bezogen sind. Dieses System von
Konzepten entsteht erst relativ spät in der individuellen Entwicklung aus zunächst mehr
oder weniger isoliert voneinander erworbenen, recht unterschiedlichen Konzepten. Diese
dann entstandene "kognitive Repräsentation der eigenen Person" (Neubauer 1976,
36) umfasst all jene gespeicherten Informationen, die sich in Relation zur eigenen Person
in den mannigfaltigsten Erfahrungsbereichen ergeben haben, insbesondere Informationen
über den eigenen Körper, über eigene Fähigkeiten und Kenntnisse, über eigene
Besitztümer, über eigene Verhaltensweisen, aber auch über die relative Wertschätzung
jener Gegebenheiten innerhalb der individuell verfügbaren diversen Bezugssysteme. Diese
Maßstäbe der Wertschätzung werden vom einzelnen unwillkürlich von seiner sozialen
Umgebung übernommen. Baus/Jacoby meinen daher überspitzt sagen zu können, dass wir das
sind, "was andere aus uns machen" (1976, 157).
Das Selbstkonzept baut sich also auf aus einer Vielzahl von individuell bewerteten
Informationen. Es liefert unmittelbar die benötigten Daten über die eigene Existenz und
deren Wertigkeit, so dass unter gewohnten bzw. invarianten Bedingungen in ökonomischer
Weise direkt auf das Selbstkonzept Bezug genommen werden kann. Probleme treten dann auf,
wenn als Folge veränderter relevanter Situationsbedingungen eine Identitätsgefährdung
auftritt oder aber wenn kein stabiles Selbstkonzept entwickelt werden konnte.
Mit einem positiven Selbstkonzept fühlt sich der Einzelne als stark. Er ist in der Lage,
Misserfolge wegzustecken und sich künftigen Aufgaben und Forderungen seiner Umwelt
gewachsen zu sehen. Der Träger eines positiven Selbstkonzepts empfindet sich als autark
und als Verursacher seines Handelns. Dieses Handeln ist am Erfolg orientiert. Diese
wechselseitige Bedingtheit von Selbstkonzept und Umweltkonzept, wie sie Maslow und
Mittelmann 1951 anzeigten, hat natürlich auch die Konsequenz, dass jemand mit negativ
gefärbtem Selbstkonzept seine Umwelt als übermächtig empfindet. Er fühlt sich dem
Schicksal ausgeliefert und wird das Misslingen der eigenen Handlungen erwarten.
Mechanismen der sich selbst erfüllenden Prophezeiung kommen hier dann zum Tragen.
Die Bewertungen der eigenen Leistungen werden nur dann in das Selbstkonzept integriert,
wenn sie von sozial relevanter Seite geäußert werden. Das Lob eines x-beliebigen Fremden
hat hier weit weniger Bedeutung als Anerkennung von Eltern, Freunden, oder anderen
Personen, die eng mit der momentanen Lebenssituation verbunden sind. Diese Anerkennung der
gestalteten Kunstwerke von sozial relevanter Seite ist auch für die motivierende und
psychisch stabilisierende Wirkung des Kunstangebot von zentraler Bedeutung. Parallelen zu
der Projekt-Methode der Reformpädagogik werden deutlich, in der ebenfalls unterstrichen
wird, dass sich die Bemühungen der Schüler in ihrer tatsächlichen Lebenswirklichkeit
auswirken müssen. Dazu müssen die Kunstwerke jedoch einer - möglichst sozial relevanten
- Öffentlichkeit zugänglich gemacht und von dieser auch wahrgenommen werden.
Die größte soziale Relevanz besitzt für Kinder und Jugendliche - vor
allem in gesundheitlichen Krisensituationen - der Kreis der Familie und hier vor allem die
Eltern. Der Wunsch, gelungene Gestaltungen den Eltern schenken zu wollen, wird von den
Rehabilitanden auch immer wieder spontan geäußert. Dies wird immer auch der erste
Vorschlag des Lehrers sein, wenn ein Kunstwerk fertig geworden ist. Anlässe wie
Geburtstage, Feste oder Feiertage lassen sich reichlich finden.
5.3. Die Treppenhaus-Galerie der Rehabilitanden
In einem der größten Gebäudekomplexe des Jugendwerk Gailingen sind
im ersten Stockwerk 15 der insgesamt 23 Unterrichtsräume der Krankenhausschule
untergebracht. Im zweiten Stock befinden sich die Räume der Ärzte. Durch große Fenster
wirkt das Treppenhaus dieses Gebäudes sehr hell und freundlich. Die Seitenwände bieten
Platz für insgesamt 21 schwarz gefasste Wechselrahmen des Formats 50 x 70 cm.
Die Kunstwerke, die im Kunstangebot entstehen, sind natürlich persönlicher Besitz der
Rehabilitanden. Sprechen Bild und Umstände seines Entstehens für die Präsentation in
der Treppenhaus-Galerie, so bitte ich als Lehrer die Rehabilitanden um die Leihgabe ihrer
Arbeit. Es bleibt dann ihre Entscheidung, ob und wie lange es ausgestellt werden soll. Oft
spielt die Frage eine große Rolle, ob ihr Name auf dem Bild notiert sein soll oder nicht.
Auch die Platzierung ihres Bildes ist von großer Bedeutung. Fast alle Rehabilitanden
bestehen auf das Ausstellen ihrer Bilder im unteren Teil der Treppe zwischen Erdgeschoss
und erstem Stock. Dies ist der "Schulweg" fast aller Rehabilitanden (ca. 90% der
Rehabilitanden des Jugendwerk Gailingen werden beschult). Dort ist sichergestellt, dass
die Bilder von den (sozial relevanten) Zimmer- oder Bettenhausgenossen der Rehabilitanden
gesehen werden. Der Weg zu den Ärzten eine Treppe weiter wird von den Rehabilitanden
wesentlich seltener genommen. Immer wieder möchten die Kunstschaffenden aber, dass genau
dort ihre Bilder gehängt werden. Die Motive hierfür liegen oft auf der Hand. Der Arzt
entscheidet letztlich, wie - und vor allem auch wie lange - die Rehabilitationsmaßnahme
weiter läuft. Diese Rehabilitanden fühlen sich von diesen Entscheidungsträgern
möglicherweise in ihrer Leistungsfähigkeit verkannt und wollen durch die Präsentation
ihrer Erfolge positiv Einfluss nehmen.
Das Hängen der Kunstwerke der Rehabilitanden im Treppenhaus hat natürlich den Nachteil,
dass Rollstuhlfahrer sie nur von den Treppenabsätzen aus betrachten können. Sind die
Kunstschaffenden selbst auf Rollstuhl oder Rollator angewiesen, so hängen wir ihre Werke
an den Treppenabsätzen. An diesen Plätzen können auch sie vor ihr Bild hinfahren und
vor allem auch die Reaktionen der Betrachter beobachten.
Jeder wird schon die Erfahrung gemacht haben, dass ein guter Rahmen die Wirkung eines
Bildes oder Photos wesentlich verbessert. Oft beginnt man etwas überhaupt erst zu
schätzen in dem Moment, in dem es hinter Glas und gerahmt ist. Der Akt des Rahmens wird
für sich schon verstanden als Bekundung von Wertschätzung als solcher. Aber auch die Art
der Rahmen ist für unsere pädagogischen Zwecke nicht beliebig. Die durch Spangen
gehaltenen rahmenlosen Bildhalter sind wegen der geringen Kosten sehr verbreitet, besitzen
jedoch auch das Flair des Billigen und vermögen nicht in dem gewünschten Maß
Wertschätzung zu symbolisieren. Die mit schwarzen Aluleisten gefassten Wechselrahmen der
Treppenhaus-Galerie strahlen - vielleicht schon durch die Farbe Schwarz - etwas
Würdevolles und Erhabenes aus. Immer wieder glauben Rehabilitanden es selbst nicht mehr
so recht, dass sie dieses Bild gemalt haben, wenn es gerahmt seinen Platz im Treppenhaus
gefunden hat.
Die PATZ ist die "Patientenzeitung" der Rehabilitanden im
Jugendwerk Gailingen. Sie erscheint viermal im Jahr und hat einen Umfang von zwischen 16
und 24 Seiten. Betreut wird dieses Projekt von Mitarbeitern verschiedener therapeutischer
Bereiche (z.Z. sind dies der sozialpädagogische Dienst, die kaufmännische
Berufstherapie, die Logopädie und die Krankenhausschule), welche die Strukturen für
diese Zeitung schaffen, Beiträge sammeln, das Vervielfältigen und das Verteilen
übernehmen. Die Inhalte sind im wesentlichen Text- und Bildbeiträge verschiedener
Rehabilitanden, die sowohl während der Freizeit wie auch in Unterricht und Therapie
entstanden sind.
Die PATZ wird in einer Auflage von ca. 200 Stück nur innerhalb des
Rehabilitationszentrums verteilt. Mit 222 Betten und über 400 Mitarbeitern erreicht sie
auch so eine relative Öffentlichkeit, die wie bei der Treppenhaus-Galerie für die
Rehabilitanden besondere Relevanz besitzt. Diese eingeschränkte Öffentlichkeit reicht
bei weitem aus, damit die PATZ ihren therapeutischen Nutzen entfalten kann.
Rehabilitanden des Kunstangebots können also ihre Gestaltungen nicht nur innerhalb der
Treppenhaus-Galerie präsentieren,
sondern auch als Beiträge in der PATZ. Das PATZ-Projekt ist unter anderem auch der
Versuch, die positiven Motivationsmechanismen, die sich im Kunstangebot gezeigt haben, auf
andere therapeutische Bereiche und Schulangebote zu übertragen. Auch im Deutschunterricht
wirkt die Aussicht sehr motivierend, dass ein Aufsatz, eine Filmkritik oder ein Gedicht in
der nächsten PATZ veröffentlicht wird. Es wird hier darauf geachtet, dass jedes
Leistungsniveau seinen gleichberechtigten Platz in der Zeitung erhält. Ein einfacher
Beitrag, vielleicht nur wenige Wörter lang, über Erlebtes wird genauso veröffentlicht
wie ausgefeilte Texte von Rehabilitanden der Oberstufen-Gruppen. Entscheidend allein ist
der Einsatz, den der Schreiber gebracht hat und die dadurch gerechtfertigte Anerkennung,
die durch die Veröffentlichung erreicht wird.
So wird die PATZ zu einem Kaleidoskop der Themen und Niveaus. Jeder Rehabilitand, der
darin seinen Beitrag mit seinem Namen wiederfindet, ist stolz. Dieser Erfolg gegenüber
relevanten sozialen Bezugspersonen oder Gruppen wie Mitpatienten, Ärzten oder Eltern baut
auf. Er motiviert für weitere Anstrengungen und stabilisiert die angeschlagene Psyche, in
der Gefühle der Minderwertigkeit Raum greifen können.
Die PATZ hat sich wie die Treppenhaus-Galerie als
sinnvolle Ergänzung, als Verlängerung des Therapie- oder Unterrichtsangebots nach
außen, bewährt. Es ist eben doch motivierender ein konkretes Ziel, einen aus dem
Lebensalltag geholten Zweck für seine Bemühungen vor Augen zu haben, als sich im
Unterricht lediglich für die Ablage im Ordner und später im Altpapier anzustrengen.
5.5. Rezeptive Kunsttherapie - die junge Galerie
Nicht nur die Kunst der Rehabilitanden wird im Jugendwerk Gailingen
präsentiert. Seit 1996 ermöglicht uns die Leitung des Rehabilitationszentrums das
Ausstellen der Werke junger Nachwuchskünstler aus der Region im Eingangsbereich des
Verwaltungsgebäudes. "Die Präsentation von Kunst im Krankenhaus ist heute keine
Seltenheit mehr. Viele Kliniken statten ihrem Eingangsbereich mit Kunstwerken aus und
arrangieren Ausstellungen" (Quester/Duckwitz 1996, 22). Das Jugendwerk Gailingen gibt
an über 50 Metern Ausstellungswand jährlich vier jungen und engagierten Künstlern die
Möglichkeit, sich ohne finanziellen Einsatz der Öffentlichkeit zu präsentieren und so
wichtige Impulse für ihre weitere künstlerische Entwicklung zu erhalten. Kommerzielle
Aspekte spielen dabei keine Rolle. Die Vernissagen der "jungen Galerie"
sind gut besucht und werden von der lokalen Presse wohlwollend begleitet. Natürlich haben
diese Ausstellungen eine positive Wirkung sowohl auf die Atmosphäre innerhalb der
Einrichtung wie auch auf das Bild des Rehabilitationszentrums in der Öffentlichkeit. Viel
wichtiger aber ist der therapeutische Nutzen dieser Ausstellungen, bei denen die
allgemeine Öffentlichkeit, das lokale Kulturleben den Weg in die "Enklave"
eines Rehabilitationszentrums findet.
Es ist uns daher wichtig, die Ausstellungseröffnungen zu einer Zeit zu feiern, zu der
möglichst viele Rehabilitanden auch teilnehmen können. Dies ist in der Regel der frühe
Mittwochabend. Für die Künstler ist dieser Termin, relativ früh und mitten in der
Woche, eher ungünstig. Er ermöglicht es aber vielen Rehabilitanden, nach dem Abendessen
und vor der eigentlichen Abendgestaltung dabei zu sein. Auch können so Rehabilitanden
kommen, die über die Wochenenden nach Hause fahren. Die Programmpunkte der Vernissagen
versuchen in Differenziertheit und zeitlicher Ausdehnung sowohl dem kunstinteressierten
Publikum als auch den Rehabilitanden gerecht zu werden. Die ausgeschenkten Bowlen und auch
der Sekt sind alkoholfrei.
Für die Rehabilitanden ist es ein aufbauendes Erlebnis, für diese Momente wieder mitten
im richtigen Leben zu stehen, teilzuhaben an Ereignissen, die tags darauf in den Zeitungen
besprochen werden. Mehr noch, sie werden von dem Ereignis aufgesucht, sind also
gewissermaßen in der Rolle der Gastgeber. Auch dies ist eine Möglichkeit, Wertschätzung
zu vermitteln. Dies ist jedoch nicht der einzige therapeutische Aspekt der Ausstellung von
aktuellen Kunstwerken.
Quester/Duckwitz berichten von dem Chirurgen Professor Gerhard Heinrich Ott, der 1970 am
Waldkrankenhaus in Bonn - Bad Godesberg ein Modellprojekt aufbaute, um die heilsame
Wirkung von aktuellen Kunstwerken auf die Patienten genauer zu untersuchen. In
Krankenzimmern, Fluren und Wartezimmern platzierte er Werke der modernen Kunst. "Ott
teilte die von vielen anderen seit Jahrhunderten gemachten Erfahrungen, dass Kunst
unterschiedliche Bereiche des Geistig-Seelischen im Menschen anspricht. Diese wortlose
Kommunikation dient als Mittler zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem, zwischen Bewusstem
und Unbewusstem. Das Kunstwerk dient nach Ott dazu, "tiefen seelischen Empfindungen
eine klarere Form zu geben". ... Im Waldkrankenhaus stellte Ott bei der Präsentation
aktueller Kunst fest, dass die Patienten vielfach eine herabgesetzte Reizschwelle
gegenüber Licht, Ton, Farben und Bewegung haben. Die in den Krankenzimmern platzierten
Kunstwerke sollten daher nicht in grellen Farben, sondern eher monochrom und pastellfarben
gehalten werden. Abstraktes und Geometrisches habe in der Motivwahl Vorrang gegenüber
szenarischen Darstellungen, da es besonders die Phantasie des Kranken anrege. In Fluren
und Warteräumen dagegen können nach Ott kritische und aktuelle Probleme analysierende
Bildserien, auch Darstellungen von Tod, Angst oder Wut gewählt werden"
(Quester/Duckwitz 1996, 19).
Die Rehabilitanden bekommen also die Chance, immer wieder neue bildhafte
Auseinandersetzungen mit der Welt und ihren Facetten zu erleben, wie sie die oft
gleichaltrigen jungen Künstler erlebt und verarbeitet haben. Dies kann wie erwähnt
Impulse und Denkanstöße geben, welche den Rehabilitanden in ihrer schwierigen Situation
auch weiter helfen können. Der Ausstellungsort ist so gewählt, dass er - unweit des
Speisesaals - leicht aufzusuchen ist, dass er jedoch nicht zwangsläufig - wie die
Treppenhaus-Galerie - beachtet werden muss. So ist das Angebot, aktuelle Kunst zu
rezipieren, der Initiative und dem Bedürfnis jeden einzelnen Rehabilitanden überlassen.
6. Zwei Zitate als abschließende Notiz
Das Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung in
München schreibt in einer Veröffentlichung zum Thema Krankenhausschule: "Dem
musischen Unterricht kommt in der Schule für Kranke hervorgehobene Bedeutung zu. Freude
am musischen und kreativen Tun kann wesentlich zur Genesung beitragen. In der Erziehung zu
schöpferischem Handeln und zu Phantasie liegt eine wertvolle Möglichkeit, dem Patienten
Wege aus der oft anregungsarmen Atmosphäre des Krankenhauses zu erschließen und ihn von
den bedrückenden körperlichen und seelischen Folgen der Krankheit zu entlasten.
Besonders bei langfristig erkrankten und motorisch eingeschränkten Schülern bietet der
musische Unterricht vielfältige Hilfen zur Überwindung von persönlicher Resignation und
passivem Patientenverhalten. Im schöpferischen Tun entwickelt der Schüler
Eigenaktivität und Lust am Entdecken und Probieren. Es werden Beobachtungen und
Erfahrungen gemacht. Alle Sinne werden aktiviert. Die Freude am phantasievollen Gestalten
ist zugleich Hilfe zur Bewältigung von Krankheit. Phantasie und Kreativität öffnen neue
Wege, Gefühle und Ängste auszudrücken und zu verarbeiten. Das Selbstwertgefühl wird
gestärkt, die Einstellung zur Krankheit verändert. Es werden Kräfte entwickelt, die den
Heilungsprozess unterstützen. Die Förderung von Kreativität bei kranken Kindern und
Jugendlichen schafft die Voraussetzung für gesteigerte Motivation zum Lernen. Durch
selbständiges Denken und Tun, durch Aufgeschlossenheit, nach neuen Wegen zu suchen und
Lösungen zu finden, erfährt der Patient Bestätigung und Anerkennung. Beziehungen zur
Mitwelt und Kommunikationsfähigkeit werden verbessert" (1995, 62f).
Die Arbeitsgruppe am neurochirurgischen Rehabilitationszentrum der Universität Köln, die sich um den Einsatz der Kunsttherapie in der neurologischen Rehabilitation bemüht, schreibt: "Die deutsche Delegation der UNESCO, in Zusammenarbeit mit dem Institut für Bildung und Kultur in Remscheidt, ist bislang die einzige, übergeordnete Vereinigung, die versucht, die verschiedenen Projekte von "Kunst im Krankenhaus" zu erfassen und öffentlich zu machen. Regelmäßige internationale Kongresse finden seit 1988 zu "Arts in Hospital" statt. Dieser Begriff beinhaltet nicht nur die Präsentation von Kunstwerken, sondern jede Art von Kulturprogramm für Patienten. Eingeschlossen ist die Förderung der kreativen Fähigkeiten im Heilungsprozess durch Kunsttherapie auch im Sinn eigenständigen bildnerischen Gestaltens der Patienten. Dies ist heute vielfach in den psychiatrischen und gerontologischen Einrichtungen und teils in Tumorzentren institutionalisiert. In vielen Bereichen der Akutmedizin und der Rehabilitation, so auch bei neurologischen und neurochirurgischen Patienten, erfährt sie aber erst in Ansätzen einen Etablierungsprozeß." (Quester/Duckwitz 1996, 22)
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